Die Männer mit Pfeife und Fahne

Mit Holsken die Linie entlang

 

Ohne Schiedsrichter keine Wettkampfspiele – so einfach lässt sich formulieren, wie bedeutsam die Existenz der Schiris für alle Vereine ist. Dabei kann das Engagement jener, die die schwere Aufgabe übernehmen, kaum hoch genug bewertet werden, denn: der Schiedsrichter ist immer Schuld! Und das nicht nur bei den Partien der Italiener während der Fußball-Weltmeisterschaft 2002. Verliererteams neigen schnell dazu, den Mann mit der Pfeife für eine Niederlage verantwortlich zu machen. Auch auf kleinster Ebene. Ein Fußballspiel reibungslos zu leiten. Entscheidungen in Sekundebruchteilen zu treffen, der Schiri hat keine Zeitlupe, das ist wahrlich keine leichte Aufgabe. Und so ist es immer wieder schwer, Nachwuchs für die Position des 23. Mannes auf dem Feld zu finden.

 

Der SV Germania verfügt glücklicherweise gleich über fünf Schiedsrichter, und stellt damit den Vorgaben des FLVW entsprechend genügend Kräfte bereit.

 

Gemeldet sind momentan Fritz Reichel, Heribert Holtkamp, Hans-Jürgen Kraus, Michael Kaps und Uwe Jahn. Mit Reichel und Holtkamp stellt der SV zwei hocherfahrene Schiris, Reichel ist seit 42 Jahren dabei, Holtkamp seit 32 Jahren.

 

Vor zwei Jahren würdigte der Rietberger Stadtanzeiger (RSA) im März anlässlich seines 40jährigen Dienstjubiläums das Verdienst von Fritz Reichel so: „Mit zwei künstlichen Kniegelenken und reichlich Richter-Routine sorgt er noch heute im Dienst des SV Germania regelmäßig für Recht und Ordnung auf dem Spielfeld.“ Reichel, mittlerweile 77 Jahre alt, ist längst Ehrenmitglied im Westerwieher Sportverein. Begonnen hat er mit dem Schiri-Dienst nach einem Fahrradunfall, statt weiter das runde Leder zum gegnerischen Tor zu dreschen, stieg Reichel nach einem Knöchelbruch 1960 um, absolvierte einen ersten Schiedsrichterlehrgang und pfiff unter dem Dach des TuS Viktoria Rietberg, aber nicht lange. Der unvergessene Fritz Paul warb seinen Freund und Namensvetter Fritz ab und so kam der 1963 zu Germania. Wie viel Spiele er bis hin zur Landesliga gepfiffen hat – darüber gibt es keine Statistiken, wohl aber hat er notiert, wie oft er – oder besser die Kicker – in vier Jahrzehnten – Rot gesehen hat – genau 22mal zog er die Karte und erwies sich damit als durchaus gnädiger Mann in Schwarz.

 

Aber – neben den Schiedsrichtern gilt es immer auch, noch andere wichtige Positionen zu besetzen, wie die Karriere von Fußball-Original Erwin Buchwald zeigt. Der nämlich fungiert seit über 50 Jahren als Hobby-Linienrichter. Dabei tut er dies nicht in der gewohnten Kluft ganz in Schwarz oder modern farbig in Shorts und Sporthemd, nein, Erwin Buchwald genügt en ganz normales Alltagshemd – und bei kühler Witterung eine Joppe darüber. Sportschuhe sind für ihn tabu, Erwin kontrolliert an der Linie mal in Sandalen, mal in Holzschuhen. So kennen ihn die Germanen und ihre Zuschauer seit über 50 Jahren, so lieben sie ihn. Buchwals, bekennender Fan seines SV und längst ein Original im Hühnerdorf, wollte nie Schiedsrichter werden. Da hätte er während der Germanenpartien anderswo pfeifen müssen – und dazu hatte er schlichtweg keine Lust. Franz-Josef Blomberg stellt dem Westerwieher Linienrichter das beste Zeugnis aus, dass sich ein Unparteiischer mit der Fahne nur vorstellen kann: „Erwin verhält sich immer sehr neutral, manchmal meinen wir, dass er uns sogar benachteiligt.“ So konsequent er an der Linie ist, so nah steht er dem SV in den Zeiten zwischen den Meisterschaftsparteien, damit ist Buchwald überall da, wo Hilfe gebraucht wird. Beim Bau des Sportheimes und in der Folge der Nebenanlagen gehört er zu den eifrigsten, fleißigen Helfern – zum 70. Geburtstag erhielt von seinem Verein einen „goldenen Spaten“ für das unermüdliche Bemühen im Kampf gegen die Maulwürfe auf dem heiligen Spielrasen.

 

Wenn es zum 75. Geburtstag des SV Germania einen Wunsch des Geburtstagskindes gibt, dann den: Mögen sich auch weiterhin immer wieder engagierte Menschen finden, die bereit sind, sich als Schieds- und Linienrichter im und für den Fußballsport einzusetzen.